Wenn der Teufel das Meer streichelt
Wenn der Teufel das Meer streichelt, legt sich der Wind. Das Meer wird still. Jede Welle legt sich. Selbst der kleinste Hauch begibt sich zur Ruhe.
„Na also“, sagt der Teufel und klatscht in die Hände. Das ist das Zeichen für des Teufels Großmutter, dass sie hervorkommen kann. Sie hat solange auf einer Wolke gesessen, fein mit Wolken zugedeckt und von Teufelchen besänftigt, die sie umschmeicheln.
„Kannst kommen“, ruft der Teufel stolz, wenn sie hinter der wolligen Decke hervorschaut.
Er macht eine einladende Handbewegung und weist auf das Meer, glatt wie ein Spiegel.
Die Großmutter schaut und ein spitzbübisches Lächeln stiehlt sich auf ihr Gesicht.
„Ha“ sagt sie „was meine Enkel alles können!“
Dann beugt sie sich weit vor. So weit, dass sie ihr Gesicht gut im Meeresspiegel betrachten kann. Die kleinen Teufel halten sie an ihren Röcken fest. Eins verkrallt sich sogar in ihren Haaren.
„Gehst du mir wohl vom Kopfe!“ schimpft sie. Aber sie setzt das Kerlchen ganz sanft auf die Wolke zurück, denn ihr steht jetzt der Sinn nicht nach zanken. Sie will sich fein machen für den Hexensabbat.
Den Blick lässt sie nicht vom Meer. Sie wedelt mit der Hand in die Luft nach oben und ruft gebieterisch: „Albero“. Ein Baum kommt herabgeschwebt und sie umfasst den Stamm.
„Fliegt: Foglia, Foglia, Fogliaaaaaaaaaaaaaa – sanft nach oben fort.”
Und die Blätter gehorchen und lassen den Baum als kahle Bürste in der Hand der Hexe zurück. Sie beginnt sich damit das Haar zu bürsten, denn solches Haar braucht eine baumstarke Pflege. Erst ziept es, dann knistert es und lauter kleine Blitze springen daraus hervor.
„Jaaa!“ jubeln die Teufelchen. Das macht ihnen Spaß. Am liebsten würden sie hin springen und die Blitze haschen, doch die sind schnell fort.
„Haltet ihr wohl fest, ihr kleinen Geister“, nuschelt die Großmutter, aber alle haben es verstanden und lassen die Röcke nicht los.
Zum Schluss stehen die Haare nach allen Seiten ab, so aufgeladen sind sie.
„Fein. – Negrofumo“, ruft sie dann. Die Teufelchen kramen mit einer Hand in der Wolke herum.
„Da!“ ruft eins und hat die Puderdose von des Teufels Großmutter in der Hand. Dann beginnt die Dose zu kreisen und fliegt von seiner in die Hand der Großmutter, die zufrieden schmunzelt, so dass eine schiefe Grimasse entsteht. Sie öffnet die Puderdose. Da liegt eine riesige Quaste in fettem, schwarzem Ruß, den sie sich nun ins Gesicht schmiert. Die Teufelchen juchzen laut und krähen wie dumme Hühner, weil sie jetzt noch nicht in die Hände klatschen dürfen. Dann stäubt sich die Hexe einmal richtig mit dem Ruß ein. Als sie aus der schwarzen Wolke auftaucht, kann man sie kaum wieder erkennen.
„Wo ist der schwarze Hahn, der schwarze Hahn: Gallo Nero!“
Der Hahn kommt angeflattert, er ist schon ziemlich schwach, weil er mit seinem Blut die rote Schminke für die Nase und das fette Kinn der Hexe herstellte. Großmütig tätschelt sie ihm den Rücken: „Brav, brav, Nerolein.“
Die Teufelchen schreien laut.
„Uuund los, ihr Buben:“ Die Großmutter ist fertig. Eins sagt, dass er sich neulich auch mal eine blutige Nase geholt hätte, aber der Großmutter stände es doch sehr viel besser.
„Na klar weiß ich, was mir steht“, sagt sie und ist schon im Abflug.
Auf diesen Moment haben der Teufel, der Wind und das Meer nur gewartet. Von Spiegel ist nichts mehr zu sehen. Das braust und stürmt los. Die Wellen steigen im Nu haushoch und stürzen sich lärmend in die Wellentäler hinab. Der Sturm peitscht die Wellenkämme und der weiße Gischt fliegt wie Seifenschaum durch die Lüfte und begleitet die Hexe auf ihrem Flug.
Die Teufelchen indessen bewerfen sich mit Wolkenfetzen und rumoren, bis sie sich die Finger in die Ohren stopfen müssen, weil das Donnergrollen zu laut wird.
„Auf zum Hexensabbat“, kreischen sie „Wo ist der dies Jahr?“ „Auf dem Brocken wie immer!“ „Auf dem Hexentanzplatz.“ „In der Drachenhöhle warten die Geschwister. Auf zur Drachenhöhle.“ „Welche meinst du? Gibt es nicht viele Drachenhöhlen?“ „Du weißt schon, die in Thüringen. Dort holen wir uns das Drachengold für die Dragulazähne.“
„Uuuui! – Ich habe meine Zähne vergessen“, ruft eins und beginnt zu heulen.
Die anderen kugeln sich vor Lachen und trommeln mit den Händen auf dem Bauch herum. Das ist mehr ein Klatschen und kann das Donnergrollen nicht übertönen.
„Ich borge dir meine Spinnen“, sagt ein anderes und tröstet eins damit.
„Je!“ „Johoooi!“ „Dadumm, dadaaa.!“ Das Juchzen der Teufelchen nimmt kein Ende auf ihrem Flug.
Im Meer dagegen geht der angefangene Hexensabbat in einen Orkan über.
„Ladylike ist da“, sagen die Wetterforscher, denn sie geben dem Unwetter immer einen Frauennamen. Von des Teufels Großmutter wissen sie nichts. Sie wissen auch noch nicht, dass „Ladylike“ sich in einen Taifun verwandeln wird, sobald er in die Nähe von Amerika kommt. Der Teufel will sich nämlich auch noch schön machen für das Fest. Und unter einem Taifun macht er es nicht. Die Unwetter sind seine Liebsten. Er lässt sie sich um den Bart streichen und begibt sich in das Auge des Taifuns. Vorher ist er so sehr Karussell gefahren in Ladylike, dass seine Haare zu einer einzigen hoch stehenden Tolle in der Mitte zusammen gestrudelt und mit salzig fliegendem Meereswasser befestigt sind. Seine Hörner sind nicht mehr vom Haar verdeckt und gut sichtbar. Obwohl ihm von der kraftvollen Umdrehung ein bisschen schlecht ist, beginnt er sich die Dornen von der Gesichtsbacke abzukratzen. Das nennt er „rasieren“.
Dann fällt ihm auf, dass er gern den Spitzbart am Kinn in Gold tauchen möchte. Ja, und die Hörner auch.
Schnell hat der Teufel sich nach oben aus dem Auge des Taifuns davongemacht wie aus einem sehr hohen Schornstein. Er will auf den Hexentanzplatz und nicht nach Amerika. Er fliegt und fliegt, kugelt über Wattewolken und Gewittertrommeln, macht auf einer Wiese halt und pflückt einen Strauß Besenreiser für die Schönste des Festes und saust weiter.
Er landet dann, wie ihr euch denken könnt, vor dem Eingang der Drachenhöhle, wo die Teufelchen schon wie verrückt ihre Zähne schrubben, damit sie das Gold richtig festhalten können.
„Schert euch…“, „…zum Teufel“, wollte er eigentlich sagen. Aber es fiel ihm noch rechtzeitig ein, dass er das ja selber war.
„Uui, der große Diabolo!“, schrieen alle kleinen Teufel entzückt durcheinander.
„Sollen wir dir die Hörner vergolden?“ fragen einige hinterhältig, denn sie haben es auf seinen Schwanzpuschel abgesehen. Damit können sie das Drachengold besonders gut auf die Dragulazähne auftragen. Der große Teufel fühlt sich geschmeichelt. Dann muss er doch die pingelige Glanzarbeit an seinen Hörnern nicht selber beginnen. Er setzt sich auf einen mit goldgrünem Moos gepolsterten Baumstamm und genießt das Gewusel der flinken kleinen. Jeder reißt sich darum, ihn als erster zu bedienen. Nur den Spiegel können die verflixten Jungs angeblich nicht finden. Wenn er in den Spiegel schauen würde…, na sicher, dann würde er ja die puschelschwingenden Zähnefärber hinter sich entdecken. Aber sie sind nicht faul. Leichtfüßig kommen sie nacheinander herbei und ritsch-ratsch sind die Dragulazähne golden.
„Wir haben dir deinen Schwanzpuschel auch vergoldet“, sagen sie dann und halten ihm den Spiegel und den Schwanz vor die Nase.
„Mehr“, sagt der Teufel, denn Teufel sind immer unersättlich. So stob das kleine Pack durcheinander und achtete nicht auf die Zeit.
Da plötzlich öffnet sich die steinerne Wand der Felsschlucht und die Drachenmutter kommt schnaubend und zischend heraus.
„Weg vom Drachengold, ihr Gesindel. Räubern und stehlen, das könnt ihr. Aber ich mache euch Feuer unterm Hintern. Dann geht die Post ab.“
Und sie spuckt Feuer auf die Gesellschaft, dass die Flammen nur so züngeln.