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Die herrlich verrückte Welt 2.

Zufrieden trabt sie heimwärts. Hosengut wohnt zwar nicht weit von hier, aber das macht sie lieber telefonisch, außerdem hat sie Hunger.
Im Kühlschrank ist noch Obst. Bloß kein Fett mehr zum Abendbrot, lieber ein paar Flohsamenschalen dazu, damit sie nicht wieder zunimmt. Die Äpfel werden gut gewaschen, nur der Stiel kommt ab. Apfelgriebsche putzen den Darm, war ein Spruch von Omi. Oben im Wohn- und Schlafzimmer knipst sie die Stehlampe an und setzt sich auf die Tagesdecke vom weißen Metallbett.
Rakete und Circe sind schnell neben ihr, Lilly braucht etwas länger und muss hochgehoben werden. Das Alter. Sie schnüffeln kurz und wenden sich dann uninteressiert von Cheryls Teller ab.
Plötzlich ist sie müde und schläft sofort ein. Da ist die Milchglaswand oben schon da. Cheryl tippt mit dem Finger dran, ob es auch wirklich wahr ist. Die Hand fährt durch das Glas und sie geht weiter durch die sich erweiternde Öffnung. Ein Zwerg kommt ihr entgegen und nimmt sie an der Hand, führt sie in einen blumenduftenden Garten, wo ihre Katzen schon herumstreunen und schnüffeln. Mein Gott, wie schön!
Ich bin Aris Schulze-Mayer und Zauberer.
Du hast vor meinen Bildern gestanden und geschaut.
Schönes gefällt mir, aber ich sehe auch so etwas: Simsalabim. Seine Hand wirbelt durch die Luft. Ein Schatten fällt auf den Garten. Cheryl erkennt das Zeltlager der Flüchtlinge, frierende Kinder.
Ich dachte, die Zelte sollten bloß bis zum Herbst eine Notlösung sein?
War auch so gedacht, aber das Gebäude für die Unterbringung ist ausgebrannt. Brandstiftung von unbekannt.
Schrecklich!
Darum hast du im Lotto gewonnen, ich hab deine Zahlen verändert.
Und ich dachte schon, dass ich diesmal versehentlich andere Zahlen angekreuzt hätte. Was kann ich denn schon tun, mit meinem Winzighaus.
Da steht ein früherer Tanzsaal an der Kneipe „Zum Mühlgraben“ leer. Die Wirtin kocht schon für Flüchtlinge, aber sie ist alt und will bald aufgeben.
Hab mal von draußen in den Saal geguckt. Ist ziemlich runtergekommen alles.
Aber mit dem Gewinn könntest du´s umbauen lassen. Gemeinschaftswohnungen mit Toiletten und Duschen, aufstocken vielleicht später. Hosengut wäre der richtige Mann.
Aris ist wirklich ein Zauberer. In Cheryls Fantasie prasselt ein buntes Feuerwerk von Ideen.
Wovor hast du Angst? Ich werde von Anfang an einen Zauberbann darum ziehen, da kommt kein Brandstifter durch. Du bist auch begabt, sonst wärest du nicht durch eine Wand gekommen, die es noch nicht gibt.
Cheryl wacht auf mit einem unsagbaren Glücksgefühl. Helfen dürfen!
Sie steigt in die Küche runter und benutzt die farbenfrohe Toilette daneben, steigt in die Wanne und duscht. Nur ein Traum? Es war alles so realistisch. Sogar die Hand von Aris hat sie fühlen können.
Oben fährt sie den PC hoch und sieht nach, ob sie Arbeiten von Hannes Hosengut findet. Klar, das gefällt ihr. Sieht zwar bisschen von Hundertwasser abgekupfert aus, aber der hat ihr schon immer gefallen. Sie kennt sogar eine Hundertwasserschule. Ah, das hier erinnert sie eher an Jugendstil, ist aber moderner. Und hier ausgebaute Fachwerkhäuser, das Material Lehm kommt wieder in Mode, ist wärmedämmend und im Sommer kühl. Wusste sie nicht. Ein Null-Energie-Turm für `ne WG aus der alten Mühle. Ziemlich vielseitig, der Mann.
Sie ist zufrieden, aber sie findet lange keinen Schlaf, weil die Ideen im Kopf rastlos wirbeln. Von Rakete wird sie dann aber hemmungslos aus tiefem Schlaf gerissen. Hunger. Was, jetzt schon? Es ist dunkel. Na klar, bald September zu Ende.
Wieder überrascht sie ein Glücksgefühl. Kann Geld doch glücklich machen? Kommt drauf an, was du draus machst. Genau. Soziale Kompetenzen erweitern. Farbeffekte taumeln durch ihre Augen, lustig soll alles aussehen dann, nimmt sie sich vor. Schon wegen der Kinder, die so viel Leid erlebt haben, Krieg, Hunger und Flucht.
Vom Laden aus ruft sie den Architekten an.
Bin total ausgebucht im Moment, aber ich arbeite mit Dillgarten zusammen, der hat schon manches an meiner statt gedeichselt.
Und wo isser?
Sitzt neben mir. Moment.
Ja?
Hier Goldinger! Ich möchte erstens im Dachgeschoß an der Giebelseite eine große Glaswand haben und zweitens vielleicht einen alten Tanzsaal für Flüchtlinge ausbauen lassen.