Archiv für den Monat: Februar 2016

Eugen Waßmann Kunst

Vielleicht

Atem schöpfen

Solange die Merle singt und schreit,
nahe am Boden flattert, nach Erdbeeren giert,
im Birnbaum brütet und Junge aufzieht,
solang ich sie höre und manchmal
freut mich das auch, steht die Welt,
dreht sich und Kinder spielen.
Solange die Jahreszeiten mich noch berühr´n,
denke ich, hat mich das Aus noch nicht
ganz; bleibt mir noch Zeit, mich zu wandeln
aus eigener Kraft vielleicht

Orgelkonzert

Als ich heute im Schlossgarten-Café einen Kaffee trinken ging, lernte ich eine Journalistin kennen, die hier sieben Wochen kurt.
Es war so, dass ich in Redefluss geriet, es hat ihr wohl gefallen, denn sie lud mich nachträglich ein und bezahlte meine Zeche von über 10 €. Da sie anschließend zum Orgelkonzert in der Erlöserkirch hier in Bad Homburg verabredet war mit anderen Kurgästen, schloss ich mich spontan an, schließlich hatte ich die 10 € Eintritt ja durch ihre Einladung gespart.
Das Konzert begann 19.30 Uhr und Susanne Rhon spielte an einer Neuen Bach-Orgel und an der Sauer-Orgel
1. von J. S. Bach
2. und von Max Reger
• 1.Passaglia und Fuge c-Moll (BWV 582)
• „Vor deinen Trohn tret ich hiermit“ a 2 Clav. e Pedale (BWV 668)
• Unvollendete Contrapunctus 14 aus „Die Kunst der Fuge“ (BWV 1080)
• 2. Introduktion und Passaglia d-Moll (o.O.)
• Benediktus (op. 59, Nr. 9)
• Phantasie und Fuge über B-A-C-a (op. 46)
Ich hatte mir schon einmal diese evangelische Kirche in meiner Straße angesehen, empfand sie immer noch als kalt und prächtig, Gold und Silber und Eisen herrschen in vielfältigen, orientalisch anmutendenden Mustern vor.
Das Kruzifix auf dem Altar metallen, an der Kanzel weiße Sandstein (?) Reliefs, kein Parament am Pult. Der Christus über dem Altarraum in der Kuppel grau, silber und golden, hält in einer Hand die Erdkugel, mit der anderen zeigt er drei Finger (kombiniere: Dreifaltigkeit, Vater-Sohn-heiliger-Geist). Daneben Bücher und Löwenwappen, bei S MARKUS der geflügelte Löwe mit Löwengesicht, bei S LUCAS ein ebenfalls geflügelter Löwe, aber mit Schafsgesicht und Widderhörnern.
Den Kuppelrand ziert in Großbuchstaben Gotischer Unziale der Bibelvers: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ bis dahin konnte die Journalistin es entziffern, als sie stockte, ergänzte ich „niemand kommt zum Vater, denn durch mich“. Ich fragte, wo das steht, denn ich hatte es noch nicht gesehen, nur auswendig hergesagt.
Während des Konzertes zählte ich dann die goldenen Sterne bei den Evangelisten und ihren Wappentieren. Es sind jeweils 24, also 2x die 12 Jünger Jesu. Das Gesicht des Christus blickt sehr ernst, „besorgt“, meine die Journalistin. „Nun, kein Wunder beim heutigen Zustand dieser Welt“ entfuhr es mir.
Als ich mir das Programm mit dem Hinweis der Notenfolge b-a-c-h ansah, fiel mir auf, dass das mit meinem Namen auch geht: g-e-c-a, Gertrud Elisabeth CAlow. Ich versuchte die Notenfolge zu singen, es klingt auch ganz hübsch. Die Journalistin drückte mich daraufhin herzlich und sagte: „Du bist genial!“ Aber ich war ganz baff…

 

Die Orgel erklang mal zart, mal wie Donnerhall – mir ist ja die Musik vertraut, Bach und auch Reger haben wir in der Stadtkirche meiner Heimatstadt Wittenberg, der Predigtkirche von Martin Luther St. Marien, wo auch das Ölgemälde meines Urahnen Abraham Calow hängt,  oft gesungen. Mehrmals sang ich dort das bachsche Weihnachtoratorium mit, einmal die Matthäuspassion, und Max Reger stand auch oft auf den Programmzetteln bei unseren Konzerten der Johann-Walther-Kantorei, in der ich seit meinem 9. Lebensjahr mitgesungen habe.

 

Damals war ich so versiert, dass ich „vom Blatt“ absingen konnte, allerdings musste ich darum auch immer „springen“, mal im 1. Sopran, mal im 2. oder sogar im Alt mitsingen, je nachdem, wo Stimmen mangelhaft besetzt waren. Das brachte mich dann bei den Diakonissen in Magdeburg-Cracau in den „kleinen Chor“, was mir besondere Auftritte in der dortigen Kapelle und in anderen Gemeinden brachte. Anfangs versuchte die Chorleiterin dort, meine Stimme „auszubilden“ für Sologesang, aber ich wusste ja schon als Kind, dass ich zwar sicher singe und für andere Chormitglieder ein „Halt“ sein kann, aber ich habe eben immer nur eine Chorstimme gehabt, für Solo taugt sie nicht.

 

Als ich mit 6 Jahren vor der Gemeinde öffentlich allein „Es kommt ein Schiff geladen …“ singen musste, weil ich alle Strophen auswendig konnte und richtig, kam ich mir recht dumm vor und fand es nicht schön. Eben selbstkritisch. Ich hatte doch schon tolle Solostimmen gehört und wusste, dass sogar die volle Altstimme meiner Mutter, die sogar manche Basstöne erreichen konnte, viel besser war als meine. Sie hatte mich ja immer beim Wäscheaufhängen gezwungen, allein die erste Stimme zu Volksliedern zu halten, damit sie die zweite dazu singen konnte.
Mein Klavierunterricht scheiterte allerdings an meiner Sensibilität, denn der Kantor Hermann Aps lag damals gerade in Scheidung, weil eine Orgelschülerin von ihm Zwillinge bekam und er sein Geschirr im Nebenraum klappernd spülte, während ich mein Pensum herunterspielte. Es war erniedrigend … Außerdem gefiel mir nicht, dass ich immer wieder die gleichen primitiven Liedchen und Tonleitern üben musste. Das war langweilig. Ich spielte zu Hause fantasiereich eigene Sachen mit zwei Händen, während ich dort nur immer mit rechts oder links und kaum mal mit beiden spielen durfte. Meine Mutter kam manchmal dazu und fragte, was ich denn Schönes spiele, aber dann ließ ich es lieber in ihrer Gegenwart. Als die Firma Kirche den Kantor wegen der Scheidung entließ, musste er sich als Repetitor beim Elbe Elster Theater ernähren…

Immer fallen mir so alte Geschichten ein …

Manchmal musste ich mir in dem heutigen Orgelkonzert die Ohren zuhalten, es war einfach zu laut und gewaltig!!! Und es strengte mich so sehr an, dass ich die Kirche nach einer Stunde vorzeitig verlassen musste.

„Oh Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. –   Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Das blieb mir in den Ohren, während ich nach Hause schlich.

Es war trotzdem ein Erlebnis, denn die „Kunst“ ist hier immer unbezahlbar und ich kann mir das nicht leisten.

Sonne und Regen

Sie lügen immerzu

Seit ich desöfteren im PC fernsehe, ist mir aufgefallen, dass in den Filmen die Menschen sich laufend gegenseitig belügen. Von den sogenannten „Notlügen“ angefangen, wenn sie im unrechten Moment angerufen werden, bis zu dreisten Verneinungen tatsächlicher Geschehnisse ist alles vertreten.

Gehen Leute in der Realität auch so miteinander um???

Ich kann das nicht fassen, es erscheint mir einfach absurd und ohne jede Rechtfertigung zu sein. Um das eigene Wohlbehagen nicht zu gefährden, tische ich doch niemandem Lügen auf!

Die Höflichkeitslügen – auch sie dienen der Bequemlichkeit, denn sie beschwichtigen unangenehme Leute, damit sie nicht merken, dass sie unwillkommen sind. – Ich gelte wahrscheinlich als unhöflich, denn ich gehe lieber wortlos meiner Wege, als dass mir solche Lügen über die Lippen kommen.

Da gibt es jemanden in meinem Leben, der mir das Lügen unterstellt hat. Ohne jede Nachfrage nimmt er zu unrecht an, dass ich mich so verhalte, wie es allgemein üblich zu sein scheint. Meine Bedürfnisse wurden nicht nur unterschätzt und unterschlagen, sondern sogar verhöhnt und als „entartet“ bezeichnet. Als würde ich mit Absicht ein gemütliches Beisammensein mit Bekannten in einer Gaststätte beenden wollen, nur, weil mir nach einer Stunde stillsitzen die Füße unruhig sind und ich aufstehen und herumgehen muss. Mir tat außerdem das Sitzfleisch weh. Ich war entgeistert und empört, dass ich die kleine Gruppe „gesprengt“ haben soll mit meinem Verhalten.

Wie weit können andere Menschen gehen, mit ihrem Unverständnis? Was erfinden sie bei sich, um auf solche Annahmen zu kommen?

ADHS als Aufmerksamkeitsbedürfnis zu bezeichnen, mit Lob- und Ruhmsucht gleichzusetzen, Hochsensibilität nicht zu sehen, nicht zu akzeptieren, dass ich leicht zu treffen bin mit sarkastischen und zynischen Bemerkungen, dass es mir Übelkeit erregt, wenn jemand mich zu etwas zwingt, weil jede Aufregung eine Erregung ist, ob nun positiv oder negativ bewertet von anderen – es ist mir einfach unverständlich… Ich fühle mich so wehrlos, so gnadenlos untergebuttert! Geht es denn anderen in ähnlicher Lage nicht ebenso?

Das Leben hat Licht und Schatten – mir allerdings kommt es so vor, als lebte ich permanent nur auf der Schattenseite in Beziehungen. In der Natur finde ich beides, Sonne und Regen, sie gehören dazu, damit kann ich mich abfinden. Aber immer wieder nur verkannt zu werden, das tut weh.

Die Stehauf-Frau Gerel behält trotzdem so gut es geht ihren Humor. Sobald ich das Haus verlasse und auf die Straße trete, laufen mir die Tränen und die Nase – zu starke Reize überall. Die vorübergehenden Raucher erregen mir Übelkeit – die ganze Stadt scheint voller Raucher. Bevor sie in den Bus einsteigen zertreten sie noch rasch die angerauchte Zigarette oder manche lassen sie einfach fallen. Derganze Bus stinkt dann, aber man ist gezwungen, das zu ertragen.

Manchmal fürchte ich mich einfach vor der Welt da draußen

Wald

Zu viele Ideen – zu wenig Zeit

Um bei eintretender Dämmerung und Dunkelheit nicht gleich den äußeren Rollladen herunterlassen zu müssen, habe ich ein Rollo für die Tür gebastelt, damit man nicht vollen Blick auf meine „Räuberbude“, den Raum bei der Arbeit von außen hat. Aber die Strippen haben sich verheddert, und da ich erst noch bei meiner Tochter ein Bad genommen habe, muss die Fertigstellung bis morgen warten.

Inzwischen habe ich Abendbrot gegessen, auf facebook eine Verkaufsgruppe für Kunst (Art) gegründet, die ich moderieren will, wieder ist keiner meiner Arbeits-Texte weiter gewachsen, obwohl da einige sind: Der Krimi, der ein Thriller werden soll. Die sieben Kindergeschichten (ab 12 Jahre, da unter anderem von Schwangerschaft und Geburt die Rede ist), von denen erst drei einhalb vorhanden sind. Die Erzählung „Charlenes Abschied“, die auf Überarbeitung harrt.  „Das geheime Lied von Wyrrnuma“, das in Überarbeitung ist. Die längere, schon lange geplante Erzählung „Katzenmarkt“. Gedichte zum „Verlieben“,   „Archillesverse“, lauter kleine Frechheiten, „Rumpel“, eine Erzählung über ein Wild-Wald-Männchen, das im Gefängnis sitzt,  „Julius“, „Hulda Helene“, „Fußballheini“, „Holly“, ein Briefroman, utopische Geschichten, und noch anderes mehr.

Einfach immer zu viele Ideen. Und wenn ich sie nicht festhalte, sind sie rasch vergessen. Wie „Elisabeths grüne Stimme“, die ich nicht wieder finde.

Aber jetzt mache ich erst einmal Feierabend, schließlich bin ich seit 6.06 Uhr auf den Beinen!

Unbekannte Verwandtschaft

Durch die Schließung der grünen Grenze damals zwischen den beiden Teilen Deutschlands und die Gründung von zwei deutschen Staaten brach die Verbindung zu den westlichen Verwandten meiner Mutter ab. Wir durften nicht mehr hin, meine Mutter dann erst wieder, als sie Rentnerin war. Nicht mal zur Beerdigung ihres Vaters durfte sie fahren.

Nach der Wende 1989 fuhr die 2. Frau meines Halbbruders zur westlichen Verwandtschaft, um zu „betteln“, denn sie liebte schon immer  das Westgeld.

Das war mein Grund,  trotz der neuen Möglichkeiten keine Verbindung dorthin zu suchen. Ich schämte mich ihrer. – Als jetzt meine Tochter durch eine neue Arbeitsstelle in die Heimat meiner Mutter verschlagen wurde und es feststand, dass ich ihr folgen würde, suchten wir uns ihre Heimatstadt als neuen Wohnort aus. Ich bezog eine Wohnung ganz in der Nähe des Wohnhauses, in dem meine Großeltern vor mehr als 60 Jahren zur Miete wohnten.  Einiges hatte ich mir aus meiner Kindheit gemerkt, konnte das Eisengusstor zum Hof und die Gitter vor den Fenstern, die verhindern sollen, dass man auf die Straße stürzt, wieder erkennen.

Von dieser Bettel-Schwägerin kannte ich die Adresse des Hauses, in dem mein Cousin lebt und Weihnachten fasste ich mir ein Herz und schrieb ihm einen Gruß. Jetzt haben wir Februar, ich hatte keine Hoffnung mehr auf eine Reaktion, wusste ja, dass er noch älter ist als ich und mir ist nicht bekannt, in welchen Verhältnissen er jetzt lebt.

Wie habe ich mich darum heute gefreut, als sich die älteste Tochter meines Cousins mit einer wunderschönen Doppelkarte mit Vögeln und bunten Schmetterlingen drauf bei mir meldete, dass sie meine Karte gezeigt bekommen habe und neugierig auf die „unbekannte Verwandtschaft“ sei, da sie ganz in der Nähe wohne und sogar in der gleichen Großstadt arbeite, wie meine Tochter.

Da sie mir außer ihrer postalischen Adresse auch ihre E-Mail schrieb, habe ich gleich geantwortet. Als aber ein Anruf auf mein neues Handy kam, konnte ich das Gespräch nicht schnell genug annehmen, weil mir noch nicht alle Funktionen geläufig sind.

Nun bin ich gespannt, was weiter geschieht. Die e-Mail-Adresse lässt einige Fantasie vermuten, die Auswahl der Karte eine Naturliebhaberin, wie ich ja auch eine bin. Schließlich war ihr Ahn, mein Urgroßvater, ein Waldarbeiter. Da könnten  sich bei uns beiden ähnliche Gene finden lassen!!!

Wieder einmal muss ich warten, was ja so schwer ist, oder postalisch reagieren. Schließlich hatte sie nichts über ihre Familie geschrieben, ich kann nur dem Namen nach wissen, dass sie verheirates ist oder war.  Aber ich habe in meiner Antwortmail einiges über uns erzählt und hoffe, dass es nicht in ihrem Spamordner gelandet ist, hoffe, dass sie wirklich hinter dem  unbekannten Anrufer steckt.

Es wäre einfach  schön, in dieser doch sehr fremden Stadt eine „verwandte Seele“ kennenlernen zu dürfen.

Berge

Ich erinnere mich (4.)

Einmal fuhren wir Richtung Spanien. Es war wieder furchtbar heiß.  In Huelva tauschten wir Geld und kauften eine Landkarte. Wir sahen noch einmal nach, wie weit es bis Gibraltar war: Zu weit.

Also beschlossen wir, nur nach Sevillia zu fahren und die Weltausstellung zu besuchen.  Bei der Suche nach Parkplatz gerieten wir in ein Kaufhaus, dann versuchten wir, zur Weltausstellung zu gehen und stellten fest, dass sie geschlossen war: Es war Montag.

Was soll man ohne Führer in einer Millionenstadt? Wir aßen also nur ein Häppchen und machten uns auf den Heimweg. Diese Fahrt entlang der unsichtbaren Küste ab Bollulos im Nationalpark war sehr schön. Wir bogen irgendwo ab und vergnügten uns am Strand und im Meer.

Am Tag darauf besuchten wir Faro, zuerst erkundigten wir uns am Flugplatz und erfuhren, dass unser Rückflug auf den Abend verlegt wurde. Dann fuhren wir auf die Faro vorgelagerte Insel. Der Strand war weit und breit sauberer als anderswo, keine Felsen, Sandalgarve. E. lag im Schatten, aber ich kann auf so harten Matten nicht sitzen oder liegen, die stellen mir immer das Blut in den Beinen ab und der Steiß tut dann auch weh.  Also lief ich noch weiter herum bis fast zur südöstlichen Spitze. Am Abend fuhren wir zeitig nach Monte Seco zurück zum Schlafen und gingen am nächsten Morgen ganz früh zum Strand. Es war unser vorletzter Tag. Darum bemühte ich mich, die interessanten Kamintürmchen auf den Häusern in Fotos festzuhalten und die Blütenberankung an Häusern und Treppenaufgängen, die hatten mich immer fasziniert.

Der letzte Tag verging dann mit dem Hausputz. Der Holländer hatte erzählt, dass die nächsten Gäste schon bei ihm angerufen hätten. Wir wussten bis dahin nicht, dass ein Telefon im Nachbarhaus ist – hätte uns einige Wege gespart. Als E. den Schlüssel wieder bei ihm abgab, kam der noch einmal mit, um sich auch von mir zu verabschieden und meinte, wir sollten doch im nächsten Jahr wieder kommen.  Dann ging es mit Sack und Pack los, für Badefreuden war es schon zu spät, aber wir fanden ein kühles Plätzchen direkt in Boulé, in einer Gaststätte mit dunklen Stühlen, einem herrlichen Schrank im Hintergrund und gutes Essen: Wein, Martini, Kognak und Sherry Brandy vor dem letzten Kaffee. Ein schöner Abschied, ich konnte sogar meine Fotorunde beenden, denn der Storch stand plötzlich an seinem Riesennest auf dem Stadttor!!!

Recht zeitig fanden wir uns auf dem Flugplatz ein, gaben ohne Probleme das Auto zurück und erfuhren, dass wir statt mit der Pleite-Fluggesellschaft mit Air Columbus fliegen würden. Es ging dann auch tatsächlich mit nur einer Minute Verspätung los. Wir hatten vordere Plätze erwischt und ich saß wie gebannt am Fenster. Straßen, Brücken, Berge, Felder, Wälder und Städte bildeten die schönsten Muster, die es geben kann. Die einzelnen Landschaften sind so verschieden voneinander. Über Spanien fielen mir viele kreisrunde Felder auf, die in Vierteln bestellt waren, so etwas hatte ich vorher nie gesehen.  Die Seen zwischen den Bergen bildeten bizarre Formen, wie ausgezogene Tintenklekse in Schulheften. Je weiter wir nach Norden kamen, desto eher war wieder Wasser in den Flüssen, oft aber doch nur in einem angestauten Teil. Später kamen Wolken, da flogen wir über der Nordsee und erst nach einem Ostschwenk dann über Deutschland im Dämmern und mit beginnender Dunkelheit klarte es wieder auf. Die Lichter von Frankfurt kamen mir dann so bunt vor, wie ein Rummelplatz. Aber eben ein sehr schöner.

Der Verantwortliche von der Pleite-Travel-Line saß mit im Flugzeug: Ein blonder Hühne mit Pferdeschwanz. Aber nachdem wir rasch unser Gepäck bekommen hatten,  sahen wir uns vergeblich nach Elmar um, der uns abholen wollte. In der Nacht ging kein Zug von Frankfurt nach Saarbrücken. Ein Taxifahrer wollte 400,- DM dafür. Wegen dem schlechten Ruf des Frankfurter Bahnhofs beschloss E. auf dem Flugplatz zu nächtigen. Er schlief auf einer Bank, aber für mich war es schlimm. Während der ganzen Zeit keine ruhige Minute geschweige denn Stunde. Der ständige Durchgang von Personal und Fluggästen, die dauernden lauten Durchsagen und die Angst um unser Gepäck … Ab 3.00 Uhr waren dann Kinder da, die laufend zur Toilette mussten oder um uns herumtobten, was den schnarchenden E. aber absolut nicht störte. Als er sich einmal schnaufend umdrehte, grinste und gröhlte ein Trupp Jugendlicher, die ihn wohl für einen Penner hielten: „…besser als auf einer Parkbank.“, So war ich froh, als er endlich um 7.00 Uhr aufstand und ich mich waschen und umziehen konnte, denn ich hatte im Leinenkittel doch heftig gefroren. In meinem warmen Kostüm ging es mir gleich besser. Nach der Suche eines fahrbaren Untersatzes für unser Gepäck frühstückten wir belegte Brötchen und fuhren pünktlich mit dem „Goethe“ nach Paris, wo ich dann doch noch sitzend eine Mütze voll Schlaf bekam. Von Homburg nach Limbach brachte uns ein Taxi, dessen Fahrer zwar die Gartenstraße, aber nicht das „Kino Café““ kannte.

Ich war wie erlöst, wieder zu Hause zu sein nach den Strapazen, hatte von vier verschiedenen Menschen und der Akademie Post. Mein Sohn rief an, dass er am Leistenbruch operiert worden sei und ich ging schlafen. Als ich aufwachte, arbeitete E. schon. Ich fand den Weg in meine Küche und bereitete die ersten Pommes frites mit Catchup für Gäste … Alles ging wieder seinen gewohnten Gang.

Sonnenglitzern

Tiefe

Des blauen Himmels Tiefe

offenbart mein Selbst.

Nach des Herbstes

Farbenvielfalt

Hoffnung auf einen

leuchtenden Frühlingsmond.

 

Schau, die noch schwache Sonne

glitzert auf dem Wasser!

Der Teich rüstet sich.

Gänse schnäbeln im Gras.

Einsame Vögel zwitschern

ein Liebeslied der Angebeteten.

 

Löse dich endlich, Schmerz!

Vergangenes lass vergangen sein.

Bitte um nur kleine Hoffnung

auf einen sanften neuen Frühling.

Ich erinnere mich (3.)

Am Freitag, dem 16. Juli abends flanierten wir im Urlauberviertel von Quarteira und am Strand. Es war dort ein reges Treiben, viele, viele Menschen und laute Musik.
Als wir zurückfahren wollten, fanden wir das Auto nicht. Da ich mir an der Felsalgarve den Fuß verletzt hatte, konnte ich nicht mehr laufen und E. suchte es allein. Ich setzte mich auf einem zugemachten Großen Fenster auf die Fensterbank in Sitzhöhe. Nach einigem Warten und Schauen näherte sich mir an der Wand plötzlich eine riesige Kakerlake (8-10 cm) und ich sprang erschrocken auf. Sie „setzte sich“ genau auf meinen Platz, als gerade E. mit dem Auto zurückkam. Ich stieg ein und wir sahen die Kakerlake an der Hauswand aufsteigen als großen schwarzen Fleck.
Am nächsten Tag waren wir wie immer morgens am Strand. Abends wollte ich mir mal den berühmten Fado anhören und wir fuhren nach Albufeira. Dort fanden wir ein reiches Touristentrubelleben vor. Die Geschäfte hatten bis 22, einige sogar bis 24 Uhr geöffnet. Auf den Straßen empfingen uns bunte Stände mit Schmuck, Lederwaren, Spielzeug, Kleidung und Näschereien.

 

Am besten gefiel uns der Strand: Auf breitem weißen Sandstrand lagen Fischerboote, einige weiter draußen und romantisch beleuchtet. Treppen überwanden die Mauer, auf der wir sitzen und hinausschauen konnten. An beiden Seiten türmten sich die Häuser übereinander an den Bergen wie Spielzeug auf einer Modelleisenbahnplatte. Ein uriger, festungsartiger Bau war noch und noch einmal aufgestockt und in drei Ebenen bis auf die luftige Dachterrasse mit Restaurantgästen besetzt, unten schauten die Köche aus den Küchenfenstern.

 

Überall erklang andere Musik, mal life, mal Radio, schummerige Bars und leere Kneipen wechselten mit belebten Plätzen und im Freien essenden und trinkenden Menschen. – Gegen 23.00 Uhr suchten wir uns am Rande des größten Platzes einen Tisch. Ich trank Bier, E. Wein und später kam ein schmackhafter Salat, Fisch für mich, Fleisch und ein Kaffee für E. wurden bestellt. (Zum Schluss merkten wir, dass dies ein teurer Spaß war, aber während des Essens wussten wir ja noch nichts davon.)

 

Dann begann auf dem Platz eine große Truppe mit englischer Musik, die E. gut gefiel. Mehrmals schauten wir am Steakhus Pampas vorbei, wo der Fadosänger singen sollte, aber er kam nicht. Die Musik vom Platz wäre auch zu laut gewesen. Wir schauten noch einmal bei dem schönen Plätzchen am Meer vorbei, ich war traurig, keinen Fado gehört zu haben, aber wir fuhren dann durch die endlich kühler werdende Nacht zurück auf den Monte Seco.

Dusch-Haus

Ich erinnere mich (2. Teil)

Die Bebauung dort war sehr vielfältig und zum Teil imposant übereinander getürmt. Viel von dem hier knappen Wasser wurde auf die Anlagen gesprüht, um alles ein bisschen grün zu halten in all dem Glast.

 
Der Sandstrand war muschelgrob und breit. Ins Wasser habe ich lange nicht mal einen Finger gesteckt. Eigentlich wollten wir am Morgen von 9 bis 11 Uhr an den Strand irgendwo, aber E. hatte am Nachmittag und am Abend mehrmals erbrochen und Kreislaufbeschwerden. Darum mussten wir den in Loulé auf dem Markt gekauften Fisch einfrieren, grünen Salat verpackte ich anständig im Kühlschrank. Ein Pfund Sauerkirschen habe ich am Abend praktisch alleine weggeputzt. Mir ging es gut. Zwar war die Mittagshitze in der Stadt schlimm, ich habe mich nur langsam bewegt, E. glaubte schon, ich hätte Fußbeschwerden; aber im Schatten konnte ich es gut aushalten.

 
In der Folgenacht hat E. unter einem zweiten Moskitonetz auf der Veranda geschlafen. Irgendwie ging es ihm aber immer noch nicht wieder gut. Am Mittwoch früh und auch nachmittags waren wir in Monte Seco. Abends grillten wir die Fischlein (Viel Gräten, wenig Fisch).

 
Donnerstag verbrachten wir bis Mittag am Strand, sind dann ein bisschen herumgefahren, haben im Markt Loulé grüne Bohnen, Speck und fette Würstchen für Suppe geholt. Die ließen wir uns am Abend schmecken.

 
Am Freitag haben wir uns auf den Weg gemacht und sind bis Sagres gefahren. Unter dem Kastell befand sich eine herrliche Bucht mit feinem Sandstrand und bizarren Felsen. Wir badeten ein wenig. Es war wundervoll: Mein erstes Bad im Atlantik – ein denkwürdiger Augenblick. Ich ließ mich im Flachwasser liegend von Wellen umspielen, die Sonne malte mir Kringel auf den Bauch und E. hatte sein Hemd an einen Felsen gehängt. Da bemerkte ich plötzlich, dass das Hemd schon ein ganzes Stück entfernt flatterte, die Flut hatte uns wohl immer weiter landeinwärts getrieben und nun versank E. bis an den Hals im Wasser, als er sein Hemd rettete.

 
Auf der Rückfahrt kehrten wir in einem Restaurant ein. E. aß Fleisch mit Bratkartoffeln, ich Schwertfisch. Es schmeckte sehr gut und ich war glücklich…

 
In Portefino schauten wir am Hafen vorbei und erkundeten, wohin die Schiffe fuhren. Für die Fahrten war es zu spät, hatten wir auch nicht vorgehabt, trotzdem war es interessant.

 
Abends telefonieren mit der Vertretung Gabi in der Kneipe. Es liefe alles gut, sagte sie. E. gab eine Runde für die Stammgäste der „Mafia“ frei. – Wir tranken Bier und Schweppes im Ort vor der Heimkehr. Oben im Haus plötzlich Streit: Wir hatten die Routenbroschüre nicht mitgehabt und E. bedauerte, dass wir viel verpasst hätten. Ich fühlte mich angegriffen, weil ich in der Frühe die Broschüre nicht finden konnte, aber er hatte sich nicht bemüht, sie eventuell selbst zu finden.

 

Das war nach dem schönen Tag purer Stress für mich. Am nächsten Morgen hatte ich prompt Halsweh und eine frische Aphte in der rechten Wangenschleimhaut mit Ohrenschmerzen. Vorbei das zwang- und schmerzfreie Essen, der Alltag hatte mich eingeholt.
Die Woche verging und Schlund und Ohr waren wieder abgeheilt, aber ich hatte Zug bekommen und Hals- und Rückenmuskel schmerzten. Wir waren fast täglich irgendwo bei Quarteiro am Strand in der Frühsonne gewesen, mittags meist im Haus oben. Abends aßen wir einige Male in Loulé. Sonntag war Straßenfest dort und Samstag Abend hatte E. sogar in Monte Seco getanzt. Der Nachbar aus den Niederlanden stand auch dort an der Theke, aber E. brach die Tanzerei gleich wieder ab zu meiner Enttäuschung: Er könne eben nicht tanzen.

 
An einem Abend waren wir in Tavira. Dort hatte es mir sehr gut gefallen. Das südliche Flair und die Beschwingtheit der urlaubenden Menschen wirkten narkotisch auf mich. Abends wehte am Strand immer eine leichte Brise, sehr angenehm also, sich in der Nähe des Meeres aufzuhalten.

 
Inzwischen erkundigten wir uns nun auch in Faro wegen einer Schiffsreise. Von Portugal aus war eine Überfahrt nach Nordafrika nicht möglich, man müsste vom Gibraltafelsen aus fahren und der liegt ja in Spanien.

 
In Porche sind wir an einem Tag mal von der Straße abgebogen und zum Strand, das ist Fels-Algarve. Dort stand auf einem der Felsen eine kleine Kapelle und ein Höhlentunnel verband einen Strand mit dem anderen. Tang schwärzte Wasser und Strand, es roch penetrant nach Fisch und die kräftigen Wellen umspülten nur Steine. Keine Aussicht auf ein erfrischendes Bad und es war so heiß, dass wir die Route nicht weiter verfolgten, obwohl wir an der Straße zu Mittag gegessen hatten.

 
Gegen vier Uhr waren wir zurück in Loulé, aber die Banken hatten alle geschlossen und E. konnte kein Geld wechseln. In Monte Seco auf dem Berg angekommen schlief ich nur noch.

Ich erinnere mich

Urlaub 1993, Portugal, Algarve
Wir waren auf dem Monte Seco, dem trockenen, herben Berg in einem Häuschen eines Bekannten preiswert unter gekommen.
Es gab keine Toilette, nur einen „Donnerbalken“ im Garten, ein Stück bergab. Sichtschutz war aus Schilf, gab aber keine Sicherheit. Das Gefühl, dass jeden Moment einer der Portugiesen, die hier ein „Wegerecht“ über das Grundstück hatten, hereinschauen und in etwa „guten Schiss“ wünschen könnten, war permanent vorhanden.
Wenn man duschen wollte, musste man den Wasserschlauch gefüllt auf das Duschhausdach legen, dann wurde es von der Sonne erwärmt. Wenn man es nicht vorzog, sich mit dem aus dem unterirdischen Speicher hochgepumpten kalten Wasser zu ergötzen, wonach einem des Öfteren der Sinn stand. Es war tagsüber quälend heiß. Dort erfasste ich den Grund der mittäglichen Siesta. Man konnte da wirklich kaum einen Finger rühren.
Zum Glück stand das Haus mit den meisten Fenstern nach Norden, da war allerdings eine Straße, staubig und steinübersät, auf der wir gekommen waren. Es fuhren nur selten andere Autos dort: vielleicht drei am Tag. Wir hielten alles tagsüber geschlossen. Er schlief einmal draußen, am Anfang, ohne Moskitonetz. Am Morgen war er total zerstochen und es heilte während des ganzen Urlaubs nicht richtig ab.
Abends erwachte das Leben überall. Die Menschen versammelten sich unten im Ort, gingen einkaufen, schwatzten, saßen auf dem öffentlichen Platz, aßen und tranken und sahen uns neugierig zu.
Das Allernotwendigste hatten wir mitgebracht, aber wir benötigten Trinkwasser. Das Wasser, das aus dem Reservoir hochgepumpt wurde, reinigte sich von allein, aber es floss ja unser Duschwasser dorthin zurück. Zum Pflanzen begießen mussten wir es erneut hochpumpen. Da es im Ort selbst und im Laden nur mit Kohlensäure versetztes Wasser gab, das ich nicht vertrage, waren wir zuerst etwas ratlos. Dann aber entdeckten wir auf halbem Berg Wasserstellen, wo Leute ihre Behälter voll laufen ließen. Wir erfuhren, dass die Aufschrift daran „Trinkwasser“ bedeutete. So löste sich dieses Problem schon am zweiten Tag. Am ersten trank E. Wein und ich vergnügte mich mit einem Schweppes-Wein-Gemisch. Später bekam ich Fruchtsaft, mich dann nicht so ein „SCHWEPPESGESICHT“ danach ziehen ließ.
In der nahe gelegenen kleinen Stadt Loulé war es wunderschön. Wir hatten sie schon gesehen, als wir vom Flugplatz in Faro aus mit dem Mietwagen durchkamen. Bis ins Dorf Monte Seco hatten wir es noch geschafft, denn es war schon 23.00 Uhr durch, als wir das Auto mieteten. Aber geschlafen haben wir dann im Auto und suchten das Haus erst, als wir morgens um 7.00 Uhr aufgewacht waren. Als wir das Haus betraten, war ich zuerst schockiert: Schmutzig und erbärmlich wirkte es auf mich. Aber dahinter war es sehr schön. Ein Zitronenbaum wächst an der gemauerten Eckbank, der gleichzeitig blühte und Früchte trug. Wir konnten die Zitronen gut für unsere Salate verwenden. Das ganze Haus ist hinten mit wildem Wein berankt, über dem Steintisch war ein primitives Dach, das Schatten gab.
Leider konnte man an der Stelle den „verschissenen“ Garten riechen. Die vorherigen Bewohner hatten dorthin ihren vom Trinken geärgerten Magen und Darm entleert, ohne das dann am Tage zu vergraben. Bis hinter die Strohmatte zum Loch hatten sie es im Dunkeln wohl nicht geschafft. Dort gab es ja einen Spaten und Sand, den man nach dem Stuhlgang benutzen konnte. Aber ich nehme an, dass die Männer wie meiner dort überall hin urinierten, denn Bäume, die sie ja bevorzugen, gibt es erst weiter unten im Garten.
Wir fanden ein Grillgerät, das ich notdürftig reinigte, der Geruch vom Holzkohlengrill und dem Gebratenen überdeckte dann die anderen Gerüche. Die Geckos an der Hauswand vergnügten sich mit dem Fliegenfang. Es sah sehr possierlich aus, wie sie mit ihren Haftfüßchen steil nach oben und unten kletterten. Wir hüteten uns, sie zu erschrecken, schließlich fingen sie auch die Moskitos und anderen Beißflieger dort.
Ich versuchte, mit dem Spaten die Überreste der Vorhergehenden zu vergraben, aber ich kam nicht in den Boden rein, obwohl ich damals noch mehr Kräfte hatte, als heute. E. störte weder diese Hinterlassenschaft, noch der Geruch. Darum bemühte er sich erst gar nicht.
Am Montag, dem 5. Juli sahen wir uns laut Tagebuch die Hotels und Clubanlagen von außen an, weil wir einen Blick auf Strand und Meer erhaschen wollten. Die Menschenmassen waren enorm. Sie lagen dicht an dicht auf Lattenrosten mit oder ohne Sonnenschirm am Strand. Es war schon 11 Uhr durch, aber die Ströme zum Meer hin nahmen nicht ab, als gäbe es keine Mittagsglut und kein Ozonloch.