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Wald

Vergeblich

Hoffen und harren hält manchen zum Narren…

Wieder einmal geglaubt, dass … und wieder allein geblieben. Die Beziehungen sind heutzutage austauschbar. Ein Fernsehabend in der Sofaecke gemütlicher, als ein Versprechen einzulösen?

„Nur, wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide. Allein und abgetrennt von aller Freude seh ich ans Fimament …“ Goethes Mignon singt es schon. Bloß, dass es für mich niemanden gibt, der mich liebt und kennt, den ich in der Weite wüsste. Alles nur Traum und Hoffnung. Vergeblich, oh, vergeblich scheints, was ich gesucht, gefunden fast …

Bin ich nicht geduldig genug? Löse ich Ängste aus? Was ist es, was ich falsch mache?

Lieben, ach, so viel Liebe habe ich in mir und sie kann nicht produktiv werden. Kann nicht?

Ich wollte heute zu den Flüchtlingskindern gehen und mit Fingerpuppen spielen, aber es hat über Nacht geschneit. Wenn schon die Erwachsenen kein geeignetes Schuhwerk besitzen, wie sieht es dann dort mit den Kindern aus? Können sie zum Spielen hinaus in den Schnee? Aber ich fürchte den Weg, fürchte auszugleiten und zu stürzen, bin manchmal schon ohne Glätte wackelig. „Altern ist nichts für Feiglinge“, ja, manchmal ist feig sein angebrachter als zu viel Mut. Die Komplikationen wären unübersehbar. schließlich versorge ich mich momentan selbständig, kaufe selbst ein, koche täglich, putze und dichte, lese und überdenke das Gelesene.

„Das geheime Leben der Bäume“ von dem Förster Peter Wohlleben hatte ich mir zum Geburtstag gewünscht und auch bekommen. Ich bin schwer beeindruckt, kann gar keine Einzelheiten nennen. Vielleicht muss ich es erst sortieren und noch einmal einzelne Abschnitte lesen. Meine Beziehungen zu Bäumen sind so alt, wie ich selbst. Als Kinder sind wir hineingeklettert, haben uns in alten Parkbäumen Nester gebaut. Mein Bruderherz hatte neulich beim Besuch unserer Vaterstadt einen dieser Bäume fotografiert. Sie wachsen langsam, er war noch erkennbar für mich, nicht zuletzt gekennzeichnet durch die Mauer an seinem Fuß, die kleine Natursteinmauer, die die Böschung zum Fußweg und vor dem Teich abschließt. Er hat meine Erkenntnis bestätigt und sich gefreut, gemeinsame Erinnerungen – mit dem jüngsten Bruder habe ich kaum welche. Sechs Jahre sind ein zu großer Unterschied, für den war ich keine Spielkameradin, den habe ich als ältere Schwester bemuttert. Mit vierzehn schon für ihn gekocht, als die Mutter verreist gewesen ist. Hatte er die Vorliebe fürs Fotografieren erst durch meine Tätigkeit und Lehrzeit erworben? Sicher nicht, sie kam ihm nur entgegen, denn der ein Jahr jüngere fotografiert ja auch. Nur nicht so intensiv und gekonnt.

Der Wald, die Brüder, die Familie – unsere Eltern waren viel mit uns im Wald. Schon sie übertrugen ihre Naturverbundenheit auf uns. Der Kleingarten auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzess Arado war für Bäume nicht so gut geeignet. Nach dem Krieg war es wichtig, Gemüse für die Familie anzubauen und Beerenobst. Den Geschmack für die schwarzen Johannisbeeren habe ich damals entwickelt und er hat sich bis heute erhalten als Vorliebe.

In der Nähe der Wohnung in der Stadt kletterte ich allein auf Bäume, die mir vertraut wurden. Eine Kastanie wurde gefällt, ich war zufällig in der Heimatstadt als sie da lag. „Mein Freund, der Baum, ist tot…“ Ich konnte es kaum ertragen. Die Robinien, auf denen ich meine nicht gegessenen Schulbrote versteckte und dann von den da hinein gekrochenen Ohrenkneifern erschreckt wurde, als ich es später doch essen wollte, sie stehen noch, sind ziemlich verkahlt, eben Straßenbäume, wie sie der Förster im Buch beschreibt.  Sie haben zwar Nachbarn vom gleichen Schlag, aber das wird ihnen bei dem Standort nichts helfen. Gibt es Robinienwälder?

Die von den Eltern übernommene Naturverbundenheit liegt bestimmt tiefer und ist schon in den Genen verankert. Meine eigenen Kinder lieben den Wald ebenso. Obwohl ich sie in einer Gegend ohne Wald großziehen musste. Sind sie überhaupt auf Bäume geklettert? Warum weiß ich das nicht? Ich habe gearbeitet, um uns ein schönes Leben zu ermöglichen, noch nebenbei Gruppen „Schreibender Schüler“ angeleitet, damit wir zwei Mal im Jahr in Urlaub fahren konnten … Natürlich an die Orte, die ich liebte: die Ostsee mit den Kiefern im Dünenwald, in den Harz und in den Thüringer Wald. Verbunden sind meine Kinder auf jeden Fall mit diesen Landschaften Erst neulich hat mein Sohn seiner Familie die Orte an der Ostsee gezeigt. Die Tochter fährt immer wieder nach Thüringen, hat dort auch Freunde. Irgendwann, so träumt sie, möchte sie dort leben. Das wird wohl erst sein, wenn ich nicht mehr bin. Aber wenigstens die Anleitung zum Glücklichsein im Wald, die war nicht vergeblich!!!

Das verband mich mit meinem jetzigen Mann, solange wir uns noch verstanden und wert waren: Das Häuschen am Waldrand, Hund und Kater. Alles für mich verloren…

 

Es klirrte

Ein Glas ist zerbrochen – das Glück?

Glück und Glas, wie leicht bricht das – zerschellt auf steinernen Fliesen, auf Kopfsteinpflaster, auf Beton …

Was ist Glück?

Bei manchen nur gluck-gluck, die Sauferei, sich wegtrinken aus der Gegenwart. Manchmal sagen Männer, dass sie sich „eine Frau erst schönsaufen müssen!“

Eine Blume finden, die duftet, die man genießen kann, ohne jemandem weh zu tun. (Siehe: Ich ging im Walde so für mich hin …)

Alte Bäume bewundern, wie sie knospen und zart zu grünen beginnen, dunkler im Laub werden oder geflammt, herbstfarben werden gelb-orange-rot-braun-rostrot-schwarzbraun. Wie sie gewachsen sind, stark und knorrig geworden, die Jahre überdauert haben mit so vielen Sommern und Wintern, wie sie kein Mensch erleben kann in seinem ganzen Leben.

Ein Tier kraulen, dass es schnurrt wie eine Katze, gluckst wie ein Huhn, sich unter deine Hände legt wie ein Hund – aber auch Tiere ohne Fell können glücklich machen. Ein Marienkäfer, der nach dem Anhauchen auf deine Fingerspitze klettert und die Flügel ausbreitet und fliegt. Ein Frosch, der nicht bei der kleinsten Erschütterung verschwindet, sondern dich anschaut und vielleicht sogar deinen Finger auf seiner glitschigen Haut duldet. Ein Schmetterling, der dein Warten belohnt und zu dir kommt, um auf deinem farbigen Pullover in der Sonne zu sitzen. Ein Vogel, der zuerst bei deiner Annäherung seinen Gesang unterbrach, aber dann doch wieder zu pfeifen beginnt und dich Lauscher beglückt mit seinen Tönen, seiner Melodie. Eine Taube, die auf die gestreuten Körner zuwackelt und dann pickt oder gar auf deine Hand fliegt, um sich selbst zu bedienen. Sie alle gehören in mein Glücksspektrum.

Einen Menschen fühlen dürfen, streicheln, riechen, hören, sehen – seine Wärme spüren, seinen Atem wahrnehmen als heben und senken, als Luftstrom und Laut, seine Anziehungskraft entdecken, seine Spiritualität, den Sinn seiner Sätze erfassen, die gewählten Worte und Begriffe begreifen wie Haut unter den Fingern… Kein Gegenübersitzen nur, beieinander sein: Mensch bei Mensch! – Selten, so ein Glück. Vielleicht lieben …