Reiche Eltern, wie?
Keine Eltern, mein eigenes Geld wird reichen.
Wann darf ich kommen?
Um zwölf mache ich eine Stunde Mittag.
Ich komme 11.45 Uhr in den Laden, ja?
Wenn es Sie nicht stört, dass ich koche.
Okay.
Das scheint zu klappen. Cheryl nimmt ein Buch vom Regal und setzt sich neben die Kasse. Hölderlin. „Den Hunger nennen wir Liebe: und wo wir nichts sehen, da glauben wir unsere Götter.“
Und sein Freund: „Als sei der Wahnsinn Zuflucht.“
Die Ladentür geht. Finn Fuchsbuckel wünscht guten Morgen.
Wollte mir die Wand mal ansehen. Hat Hosengut zugesagt?
Schickt seinen Gehilfen. Da hinten durch die Küche und dann zwei Treppen rauf.
Brauchst nicht aus dem Laden, ich find`s allein.
Nicht von den Katzen anfallen lassen. Die reagieren manchmal heftig.
Aber es ist nichts von den Katern zu hören.
„Wir, so gut es gelang, haben das Unsre getan.“-Nee, jetzt nicht weiter Hölderlin.
Wo steh ich im Gewebe unserer Zeit? Mein Leben eingebettet wie ein Wimpernschlag der Unendlichkeit zwischen den Kriegen und Flüchtlingskindern, meiner beginnenden Fettsucht, meinem Lesehunger, der Liebe sein soll? Wie müsste die Welt für ein moralisches Leben aussehen?
Brot für alle, ein Dach über dem Kopf, ein bisschen mehr Liebe und weniger Streit und Kriege.
Ich muss ja nicht kochen, wenn der Dillgarten kommt, kann mal fasten und Obstsaft trinken. Dann können wir oben alles ansehen.
Der Glaser kommt runter: Das ist ja ein Vorhaben!
Geht nicht?
Schon, mit viel Aufwand. Metall oder Holzrahmen?
Was´n besser?
Metall ist wetterfester und pflegeleichter, Holz schöner. Preis nimmt sich nicht viel heutzutage.
Na, haltbar muss es schon sein. Will hier nicht mehr weg.
Dann würde ich Metall vorziehen. Muss man aber schweißen. – Wie alt bist du eigentlich, Goldi? Ich duze dich dauernd.
Gelächter.
Könnte ebenso du sagen.
Also Finn, er gibt ihr die Hand, die ist warm und angenehm.
Hab gestern nicht gesehen, was du für tiefblaue Augen hast.
Und du so grünbraune wie Eichhörnchen.
Augenaufreißen bei ihr. Hab ich noch nie gehört oder gesehen.
Ich auch nicht, fiel mir eben einfach ein. Du rufst an, wenn`s losgehn soll?
Tschüss dann, tschüss. Cheryl ist beeindruckt von den blauen Augen, sind zwar Lachfältchen drum herum, aber so alt, wie sie dachte, kann er noch nicht sein. Die warme Hand, sie hat immer kalte. Wärme ist schön.
Alles nimmt seinen Gang. Ist aber erst zehn durch.
Die Gemüsefrau von nebenan kommt vom Markt zurück und klopft an die Schaufensterscheibe. Cheryl winkt sie rein.
Hab Porree, Möhren und Steckzwiebeln.
Ist die Idee fürs Gärtchen. Keinen Knoblauch?
Kann ich später rüberbringen. Reicht eine Knolle?
Klar. Zahl ich gleich mit.
Cheryl würde gern ein wenig tratschen, aber die andre hat´s eilig. Sie hebt ihre Geschichten für den Markt auf, da ist ihre Munterkeit beliebt. Geschäft ist Geschäft.
Klaus Korbmacher kommt mit Hund. Cheryl verdreht die Augen. Schon wieder!
Du hast doch hier Zeit. Lies das mal.
Die Menschen beginnen immer wieder neu. – Meinst du einzelne oder Menschheit?
Beide.
Guter Anfang. Mach ich. – Was kocht Klaudia heute?
Meine Frau kocht nicht. Ich mach Bratkartoffeln, Wiener und Salat.
Wusste nicht, dass der Hungerkünstler kochen kann.
Oder ich schnipple die Würstchen und mach mit Ei ein Bauernfrühstück draus, das mag sie.
Weshalb musst du sie schon wieder günstig stimmen? Haste was angestellt?
Der Kobold da wollte Fliegen fangen und hat ein Stück Gardine runter gerissen. Wie du mich schon kennst?!
Ich seh´s dir an, wie du guckst. Schuldbewusst. Katzen fangen auch Fliegen, wenn welche da sind. Aber ist doch schon zu kühl draußen.
Retten sich eben ins warme Zimmer. Könntest du mir nicht etwas leihen für eine neue Gardine? Klaudia verhaut mich.
Spinner.
Nee, ernsthaft, wenn sie sauer ist, kennt die keine Gnade.
Musst deinen Kobold besser erziehen, der ist doch noch jung.
Wem sagst du das