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Ich bin

Ich bin ein ungefeierter
unerlöster Rhythmus,
meine verborgenen Reserven
aus weiblicher Urkraft,
voller mütterlichem Sein
erklingen in der Ruhe,
dem ungeheuren Wildnisreiz
des Offenbarens noch abhold.

Ich bin die steingraue,
rötlich überfärbte Dämmerung,
ich dunkle der reifen Nacht zu,
ich verschwende mich wieder
in kostbarer Fülle unerwartet,
vorwörtliche Begriffe lauern
in Gefühlen, Augenblicken,
schwellendem Toben von Melodien.

Ich war, ich bin, ich werde sein.
Mein Abenddunkel schäumt noch,
prickelt in alternder Haut wie ewiger
Märchenruf, wie Glanz von Liebe,
Kranz von Lorbeer, Rosenhauch.
Es schwelgt in Heiterkeit gelassen

mein Fleisch sinnlich im Traum
und sachte, leise, verebbt
das Wünschen aus der großen Spur.
Es ist vorbei! Ich welke,
raste aus vor Leidenschaft
und Trauer innen jung geblieben.

Und keiner weiß davon, niemand
speist und tränkt die unersättliche
Sehnsuchtsvolle Herbheit süß.
Was Schönheit macht, wo doch
das Leben ist und welken muss,
was ahnungsvoll verirrt sich,

das holt Sonne sich von innen
aus reiner Herzlichkeit und Scham.

Langsam, nur Langmütigkeit
und Lebensschwermut bitterzart
wie Schokolade, erzittert espenhaft
und fliederfarben im grünen Gartenraume
und Spalier Glyzinienduft auf Winden hart,
es harrt die Leichtigkeit der Schwerkraft,

leicht ihr Flügel, molltönend über weißen
Lilien, blauen Glockenblumen, rosaroten
Rosenbüschen sich kräuselnd
im Lichterschein der Fackeln
an den Wänden vom Haus, im Schatten
steigt es heraus zum Wasser,

flieht vom Tönen, klingt
in Schalen und an Gläsern, tropft
weitläufig strebender blauer Ton,
herab so wie aus Wolken
der Regen fällt und fällt und
rauscht verrauschend klar und kalt

aus Licht geboren und
zum Klingen verdammtes Herz.

Ich bin ein Sein
in Nacht und Tränen nur erwacht,
vom Trauern, ach, versteh ich viel,
vom Lachen weiß ich wenig.
Es ist lange her,
dass mir ein Mund geschmeckt,

ein Wein gereicht, ein warmer
Händedruck, ein heißes Herz.
In mir wehrt sich alles gegen
männliche Dominanz, Matchokerle.
der Gründe viele könnt ich nennen,
doch, wer hört noch zu?

Die neue Nacht beginnt
in allen Zellen lauernd mit Vergessen,
nicht mehr wissen, warum.
Warum? Wusst ich es denn?
Trotzig und verbissen auf der Flucht
und auf der Suche immer wieder;

nie im Finden glücklich, nur im Sehnen
stark. Eben ein Mensch,
ein Fühlen und ein Wollen.

Ich bin ein Sein,
das nicht der Lust geboren
sie entbehrt und auch der Liebe.
Manchmal denk ich, die wäre nur erdacht
zu kränken die Hoffenden.
Was wirklich ist, Schönheit

und Trauer, singen Nachtigallen,
flötet die Amsel, gurren Tauben.
Der Mensch bleibt einsam
selbst in brünstiger Vereinigung.
Das Weib, mein Ich, fühlt männlich
stolz die Kraft nur im Versagen.

Nein! Und nein und nein –
wie soll ich das ertragen?
Geh ich durch das Grauen
trifft es mich und schmerzt
so wild und ungestillt
ein Frost in Blütentagen.

Ich bin ein Kain,
der seinen Abel nicht erschlagen,
ich sage ich und meine Wir.
Mir fehlt das Du in meinen
alten Tagen, unrühmlich zu erliegen,
diese Schmach lässt mich erschauern,

lässt im Grausen des Erdenschicksals,
das ich nie gewollt, allein, allein…
Was tat ich? Wessen werde ich beschuldigt?
Nur Gedankenspiele, nur weiterspringen,
nur gefällig schweigen, wo Worte unnütz.
Perlen verschüttet in Meer und Himmelsblau.

Fort – muss weiterziehen,
unstet bleiben, heimatlos.
Ich bin ein Weib
und in mir lebt ein Mann,
den keiner sieht und niemand
ahnen kann. Ich wirke zart,

hilflos und schwach. Mich
will man(n) unterbuttern
wo er kann. Es soll ihm
nicht gelingen, mich zu fassen
und zu verschleudern
einfach so. Ich steh gewappnet,

mein Schild und Speer
sind Fantasie und Mut,
getreu ins Blaue aller Bläue
schau ich mir zu, auch
wenn mich keiner sieht und
kennt und von mir weiß.

Alle vergessen, was der Sonntag-
Morgen meiner Geburt versprach.
Es war ja nur ein Tag umringt
von tausend Tagen.

Gelitten habe ich in kalter Dürre,
in Nacht und Nebel wegelos.
Es war nur Zeitenbleibe, keine Heimat
neu. Nichts ist vergänglicher als Zeit,
als Blumenblühen, leben. – Es wird
Nacht und mich schaudert
vor meiner Armut, Hunger, Not …

Tod und Verderben fällt
aus Wolkenfernen auf mein Erleben –
grämlich Sterben. Dieses Ende,
unverdient und unerklärlich,
scheut sich ein Ende für immer
zu sein. Ohne Ewigkeiten

fehlt doch der Erde Transzendenz.
Verbunden mit allem in Allem
pocht nur mein Herz allen Sinnen
voraus, allem Schwinden.
Die andre Dimension, in die
ich eilen werde aus der Erdenschwere,

füllt mich schon jetzt
bis an den höchsten Rand.
Einfache Worte schwellen, rollen
in Bahnen wie Gestirne,
himmlischem Wehen in alle Fernen
folgend, ins All der abertausend

Gestirne, der verbundenen Gehirne
Geist voraus. Zeit – sie war bereits vergeben,
als meine Mutter mich ganz ohne Liebe
gezeugt, gebar. Zeit – für uns
altert sie in den Zellen des Leibes,
des Hirns, der Haut und auch

der Seele, falls sie darin ist.
Zeit gibt es nicht in Wirklichkeit,
um zu leben und zu handeln
verewigt sie sich ständig im Vergehen,
im Verlangen in der Brust, im
lieblichen Verlangen der Sehnsucht

ungestilltem Warten.
Zeit ist nur ein Wort, das sich
nicht von allein erfüllt, sie braucht
Vergleiche um Maß zu sein.
Die Uhren gehen
sondergleichen gleich …