Wieviel?
Weiß ich doch nicht.
Also das könnte teuer werden. Dein Limit?
Dreißig Eier.
Sie gibt ihm fünfzig und lässt ihn im Quittungsblock unterschreiben.
Aber keinen Wermut dafür kaufen.
Er seufzt. Deine Menschenkenntnis ist erschreckend, meine Schöne.
Sie grinsen sich an. Schade, dass ich dich nicht vor meiner Frau kannte.
Geschenkt. Hätte und könnte, aber nicht mit mir.
Jetzt bist du gnadenlos.
Ich les deinen Schriebs. Ist das noch nicht genug?
Haste auch wieder recht.
Als er weg ist, kommt schon Herr Dillschneider. sie erkennt in ihm auch einen Kunden.
Cheryl schließt den Laden ab. Kommt eh keiner mehr. Sie gehen gleich nach oben. Das Kochen kann sie sich heute sparen und Obst- oder Möhrensaft trinken, das hat genug Kalorien.
Aber jetzt schießt Kater Sartre aufgebracht auf den Fremden zu und Cheryl beruhigt ihn sanft. Mein Beschützer!
Oben schaut sich Dillgarten um. Ihr Atelier, soso. Die Lage ist gut, oder etwa drüben zur Sonnenseite?
Nee, hier.
Er sieht auf die verhüllte Staffelei. Darf ich? Na, muss nicht sein, würde mich aber interessieren.
Sie reden über das Vorhaben hier, dann über den Tanzsaal.
Muss ich mir auch erst ansehen.
Bevor sie treppab gehen, zieht sie doch noch das Laken vom feuchten Bild.
Oh, ihre Katzen und ein Clown. Schöne, kräftige Farbgebung. Sollten Sie nicht weiter malen, so unpräzise ist wunderbar.
Meinen sie?
Aufmerksam betrachtet sie ihr Bild, hängt es dann wieder zu. Sartré hat auf der Treppe gewacht und springt nun abwärts. Cheryl lobt ihn und streichelt. Er reibt sich an ihren Beinen.
Haben sie schon Vorstellungen über die Art des Materials?
Herr Fuchsbuckel hat Metallrahmen für das Glas vorgeschlagen.
Dillgarten nickt. Der weiß, was geht.
Sie verabschieden sich schon fast, da meint er, wenn sie Zeit habe, könnten sie zum Tanzsaal fahren, sein Auto steht um die Ecke.
Weil Cheryl es auch gern genauer ansehen würde, holt sie sich ein Getränk und steigt ein. Ist noch mehr als eine halbe Stunde Zeit. Aber die Gastwirtin ist nicht zu Hause, komisch. Kocht sie erst abends für die Leute?
Dillgarten bringt sie zurück, nachdem sie beide von außen bisschen rumgeguckt haben.
Im Laden ist es kühl. Sie dreht die Heizung etwas höher. Jetzt muss ich ja nicht mehr so eisern sparen, denkt sie froh.
Am Abend klingelt es unten. Cheryl schaut aus dem Wohnzimmerfenster auf die Straße. Sie fragt ins Dunkle nach dem Begehr. Es ist Klaus Korbmachers Frau, mein Gott! Bin gleich unten.
Klaudia Korbmacher fällt ihr beinahe um den Hals, sie hat Tränen in den Augen, möchte sich für das geliehene Gardinengeld bedanken und es zurückgeben. Cheryl bittet sie im Laden auf das Sofa und holt den Hocker hinter dem Kassenpult für sich.
Klaudia kann sich nicht lassen vor Freude, hält das Geldausleihen von Klaus für einen Liebesbeweis, braucht aber erst mal keine neuen Gardinen, will sie reparieren. Wenn Kobold älter und vernünftiger ist, hat sie noch schöne Spitzengardinen von ihrer Mutter, die würden gut passen.
Cheryl nimmt das Geld und zerreißt die Quittung im Beisein Klaudias. Die überschwängliche Dankbarkeit ist ihr anrüchig, aber Menschen können sich ändern, wenn sie wollen, denkt sie, und verabschiedet sich freundlich.
Sie steigt noch einmal zum Atelier hoch und betrachtet ihr Bild gründlich, dann stellt sie es zum Trocknen mit der Vorderseite zur Wand. Damals im Studium hat sie gelernt: Man darf nichts tot malen. Dem Betrachter muss Vorstellungsspielraum gewährt sein. Sie will es später noch einmal bei Tageslicht ansehen.
Cheryl stellt eine neue, abgetrocknete Holzplatte kleineren Formats auf die Staffelei und grundiert mit raschen Gesten. Ein neues Bild spukt in ihrem Kopf herum, ein Männerkopf mit blauen Libellenaugen. Sie denkt mit Wärme an Finn, freut sich auf seinen nächsten Besuch. Sie beginnt zu trällern. Wie heißt bloß der Text zu dieser Melodie mit dem schönen Rhythmus?
An Klaudias Besuch denkt sie mit viel Sympathie. Zwar nervt die offensichtliche Verliebtheit von Klaus in sie oft ein wenig, doch sie findet, er ist ein guter Kerl. Ihre erste große Liebe war ein verheirateter Mann mit sinnlicher Ausstrahlung und ethischen Grundsätzen. Heute ist sie froh, dass es platonisch geblieben ist, obwohl die Abweisung einen schmerzhaften Abdruck in ihr hinterlassen hat. Trotz zeitlichem und räumlichem Abstand unvergessen. Sie wünscht Klaudia und Klaus heute ganz verträumt eine schöne Liebesnacht. Es würde sie freuen, wenn sein Leben ein wenig ruhiger würde, obgleich sie ahnt, wie produktiv eine Sehnsucht machen kann. Schließlich ist sie eine empfindsame Frau mit Träumen.
Ach, sie hat ja seinen Entwurf noch nicht gelesen. Morgen wird er fragen kommen. Sie legt sich ins Bett, beginnt zu lesen und schläft darüber ein. Aris Scheithauer verübt in ihrer Fantasie einen Mordversuch an Klaudia. Das ist das Genre von Klaus. Alpträume sind ihre Sache nicht, sie wacht auf, weil sie erschrocken ist und muss runter, sich waschen, weil sie geschwitzt hat bei diesem Traum.