Flotter Senior oder würdiger Greis?

Spiegel spezial 2/1999, S. 30

Hermann Schreiber:

„Sie denunzieren sich selbst. Ein flotter Senior kann kein würdiger Greis sein,

…den aber brauchen wir, denn er verkörpert, was wir verdrängt haben: die Würde der Endlichkeit, die Weisheit des Alters und der Freiheit, sich zu bescheiden – mit dem, was wirklich wichtig ist. …“

Was im Leben zählt, sind letztendlich die „alten Tugenden“ wie Freundschaft, Treue, Ehrlichkeit vor sich selbst und zu anderen, Dankbarkeit für das Wunder Leben in allen seinen Erscheinungen, für die Schönheit des Augenblicks, für die eigene Familie mit Kindern, Enkeln und den verzweigten Nachkommen der Geschwister, in denen man den Genpool der Familie versammelt findet. Sich hingezogen fühlen zu Menschen, auch manchmal eigentlich fremden, in denen man sich wiederfindet mit allen Fehlern und Schwächen, mit dem wachen Verstand und dem tiefen Gefühl, mit den künstlerischen Fähigkeiten, die zu Fertigkeiten ausgebildet wurden, mit liebevoller Zärtlichkeit und beharrlicher Freundschaft – das ist, was ich nicht vermissen möchte in dieser Welt, die oft den Eindruck von Kälte vermittelt.

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